Was wurde nicht alles in der letzten Woche über einen möglichen Kauf von RIMs Hardwaresparte durch Lenovo geschrieben. Angetrieben durch ein am 20.01.2013 veröffentlichtes Interview von Heins, welches er der Welt gegeben hatte, befeuerte er die nicht abgeebbten Diskussionen rund um einen Verkauf erneut. Der Welt sagte er in einem kurzen Abschnitt zur Zukunft von RIM, dass man jede Option erwäge, um das Unternehmen auf den richtigen und damit profitablen Kurs zu bringen. Dazu könne auch der Verkauf bestimmter Unternehmensteile gehören. Dazu passend präsentierte sich der Wong Wai Ming, Finzanzvorstand Lenovos, der Presse und gab erneut Übernahmebekundungen zu Protokoll. Lenovo wird seit längerem ein Interesse an RIM nachgesagt, um das Portfolio im Bereich der mobilen Businesshardware zu stärken bzw. sich neu zu positionieren. Nach Aussage Mings sind dazu auch schon verstärkt Gespräche mit den von RIM bezüglich der Ausarbeitung von Handlungsoptionen beauftragten Banken und Beratungsgesellschaften gelaufen.
Sogleich waren also die Gerüchte entfacht, dass RIM aktiv in Verhandlungen stecke. Dabei ist doch eins klar: Was soll der gute Thorsten denn auf die Frage zur Zukunft von RIM sagen? Nein, wir werden unter keinen Umständen irgendetwas verkaufen und im Zweifel lieber stolz und arm untergehen? Natürlich nicht, denn in diesem Fall hätte man RIM Aktien wieder zu einem Kurs von rund $4 und darunter erwerben können. Es gehört zur Seriosität und Weitsicht eines CEOs mit ungeheurer globaler Verantwortung eines Unternehmens, alle zielführenden Optionen abzuwägen. Ob man diese nun kurz vor dem Launch zu BlackBerry 10 nach außen tragen muss sei einmal dahingestellt. In den aktuellen Diskussionen habe ich häufig gelesen, dass man sich als Endkunde doch kein Smartphone kaufen würde, wenn die Marke Ende des Jahres verkauft wird. Das stimmt natürlich nur bedingt. Sollte ein Unternehmen RIMs Hardwaresparte kaufen, wird es diese natürlich weiterhin in fast ungeänderter Form betreiben und vielleicht einfach nur ein anderes Logo auf die Geräte kleben.
PC-Weltmarktfürher sucht nach Anschluss im mobile business
Damit sind wir bei bei Lenovo angekommen. Der chinesische Computerhersteller, der sich an die Spitze der Computerhersteller weltweit gemausert hat, kennt die Situation des Abkaufs einer Division von einem Unternehmen nur zu gut. Vor knapp 8 Jahren kauften sie für $1,75 Mrd. von der taumelnden IBM deren PC und Notebook Sparte und damit auch das weltbekannte ThinkPad Brand. Was danach passiert ist, weiß jeder. Notebooks werden noch immer unter ThinkPads verkauft, die Hardware ähnelt stellenweise denen, die IBM schon vor Jahren gebaut hat. Einen Nachteil für Lenovo hatte die ganze Angelegenheit jedoch. Verglichen mit den Zeiten, als IBM die Notebooks und PCs herstellte, musste Lenovo zumindest kurzzeitig bei den Think“ Produkten federn lassen. Wer vorher Besitzer eines echten amerikanischen Notebooks war (auch wenn es in China gebaut wurde), wollte nicht unbedingt Besitzer eines vollends chinesischen Notebooks werden, auch wenn dieser Umstand nur durch die Firmeneigentümer zu Stande kam und die Entwickler noch immer die gleichen waren. So hatten auch die amerikanischen Geheimdienste Angst vor unvermittelt installierten „Spy-Chips“ in ThinkPads der chinesischen Eigentümer und verwendeten Lenovo PCs nicht mehr für als „geheim“ eingestufte Arbeit.
mögliche Sicherheitsbedenken bei Kunden nach einer Übernahme
Das soll ein Beispiel sein, wie es RIM ergehen kann, sollte Lenovo einen Teil des Unternehmens kaufen. Viele Unternehmen schätzen die Sicherheit des Systems und werden sich fragen, ob diese noch mit einem chinesischen Eigentümer haltbar ist. Insbesondere da RIM die Aktivitäten aus Sicherheitsbedenken in China zurückgefahren hatte, passt der potentielle Käufer nicht vollends zu RIM. Zum Schluss spielt auch noch Geld eine Rolle: Der Börsenwert von RIM beträgt zurzeit knapp $9,1 Mrd. verglichen mit Lenovos $8,5 Mrd, das ein Indikator für die Schwere der Übernahme durch Lenovo darstellt. Nicht zu verachten auch die Tatsache, dass rund ein Drittel Lenovos Aktien in Staatsbesitz sind.
weitere Optionen denkbar
Natürlich gibt es auch in diesem Fall noch andere Optionen für RIM. Man könnte zwar die Hardwareproduktion an Lenovo verkaufen, BlackBerry 10 jedoch an andere Hersteller lizenzieren und so zum Beispiel Koreaner Telefone mit BlackBerry 10 herstellen lassen. Aus unserer heutigen Sicht betrachtet sind das Eventualitäten, die ich mir ungern vollständig ausmalen möchte. RIM hat mit BlackBerry 10 ein wirklich heißes Eisen im Feuer und es muss mit dem Teufel zugehen, wenn schlussendlich doch noch etwas vom Unternehmen verkauft werden muss. Für Lenovo passt RIM gut ins Portfolio, RIM aber eigentlich nicht wirklich zu Lenovo. Solange es aus Unternehmenskreisen nicht heißt, Freitag um eins macht Heins seins, sehe ich gute Chancen für den Wiederaufstieg von RIM.
Quellen: welt.de, bloomberg.com, channelpartner.de, reuters.com, heise.de, bbc.co.uk, seekingalpha.com, ycharts.com, lenovo.com
Kommentare sind deaktiviert.