Vor rund 6 Monaten haben wir die Frage gestellt: Wie geht’s denn nun weiter RIM? Anlass dessen waren die anhaltenden Spekulationen um das Erscheinen der neuen BlackBerry 10 Geräte-Reihe und der immer weiter sinkenden Marktanteile auf dem Weltmarkt für Smartphones. Schon kurze Zeit danach wurde das Top-Management von RIM ausgewechselt, Thorsten Heins übernahm den Posten des CEO im Unternehmen. Nach und nach wurde bekannt, dass auch viele Positionen im mittleren Management ausgetauscht wurden. Es war einer der wirklich dringend notwendigen Schritte, das Unternehmen wieder zum Erfolg zu führen. Auch die Konzentration auf die unermüdliche Verbesserung des bestehenden Betriebssystems und das Beibehalten der bekannten Formfaktoren konnte den schwindenden Marktanteil nicht stoppen. So hat in der Tat ein Wechsel des Top-Personals dafür gesorgt, dass weitere interessante Firmen akquiriert wurden. Schon kurz nach dem Personalwechsel konnte man es auch in der Öffentlichkeit spüren: Das Commitment zum neuen Betriebssystem BlackBerry 10 war stärker denn je zuvor. Dennoch muss allerdings auch hier festhalten: Was bleibt RIM an dieser Stelle noch übrig, würde BlackBerry 10 floppen, könnte man sich auf Grund ausbleibender Gewinne wohl nicht mehr vor einer Übernahme oder Zerschlagung schützen.

BlackBerry 10 wird rocken!

Aber wir haben eine wirklich gute Nachricht an dieser Stelle  für Euch: BlackBerry 10 wird rocken statt floppen! Das ist zwar vor allen Dingen die Meinung von BerryMe.de, allerdings gibt es auch ganz profane, objektive Gründe, die uns zu diesem Standpunkt bringen:

Auswirkungen des Personalwechsels: Außendarstellung und Developer Relations

RIM hat wirklich viel dafür getan, um wieder mehr Entwickler von der neuen Plattform zu überzeugen. Mit einer Tour durch 23 Metropolen der Welt macht RIM Werbung für die Entwicklung von Apps für BlackBerry 10 und adressiert dabei besonders die Entwickler anderer Plattformen. Geködert werden diese mit vielfältigen Möglichkeiten ihre Vorstellungen umzusetzen und dem BlackBerry 10 Dev Alpha, auf dem sie vorab ihre Apps testen können. Als großen Erfolg kann man auch die Verpflichtung von Alec Saunders werten, seinerseits Vice President Developer Relations. Er tritt ungewohnt erfrischend auf und hat anscheinend die richtige Ebene der Kommunikation mit den Entwicklern gefunden. Aber auch schon vor seinem Amtsantritt konnte man eine Verbesserung des Supports insbesondere in den Foren merken, RIM betont auch sehr gerne, dass an dieser diffizilen Stelle noch einmal nachgeschärft werden musste.

Alec Saunders

Alec Saunders, RIM VP Developer Releations

Die Begeisterung der Mitarbeiter ist zu spüren

Nicht nur auf dem BlackBerry Jam in Berlin konnte man spüren, dass die Mitarbeiter RIMs positiv in die Zukunft schauen und daran glauben, was sich zurzeit in der Mache befindet. Bei Gesprächen mit den Mitarbeitern merkt man den Enthusiasmus und den Glauben an das „next big thing“ von RIM besonders stark. So wird zwar immer wieder davon gesprochen, dass BlackBerry 10 in der Tat ein Paradigmenwechsel in der bekannten BlackBerry Bedienung ist, aber dermaßen viele Kleinigkeiten dem Nutzer ein Grinsen aufs Gesicht zeichnen werden, dass man sich bei RIM sicher ist, das BlackBerry 10 ein Erfolg wird. Leider muss man sich auch eingestehen, dass die Zukäufe der Mitarbeiter oder gesamten Unternehmen bisher nur kurz gezeigt haben, welches Potential in dieser Firma steckt. Viele Demo-Anwendungen haben es nie auf ein Gerät geschafft, vielmehr werden die Entwickler von ihrem Demo-Projekten abgezogen worden sein und sitzen nun 20 Stunden am Tag in Großraumbüros und entwickeln mit an BlackBerry 10 (bildlich gesprochen). Auch wenn sie dies mit Sicherheit so oder so getan hätten, für Techdemos bleibt jetzt einfach keine Zeit mehr. Das ist wirklich schade.

BlackBerry 10 ist anders als iOS, Android und Windows Phone

Anders als Android ist BB10 nicht einfach nur eine Kopie (1,2) des wahrlich gut funktionierenden Betriebssystems iOS. BlackBerry 10 führt Gesten über den Bildschirmrand hinaus als sehr wichtiges Bedienelement in die aktuellen Smartphones ein und verzichtet dabei gänzlich auf Hardwaretasten. Diese werden dazu genutzt, um dem Nutzer zu jeder Zeit, egal in welchem Programm sie sich befinden, eine Überblick über den aktuellen Status des Telefons zu geben, sowie einen Zugriff auf zentrale Funktionen wie Nachrichten oder Kalender zu gewähren. Da das Bedienkonzept gänzlich anders als die der Konkurrenzbetriebssysteme ist, hat man sich bei RIM natürlich vorab Gedanken dazu gemacht, wen man überhaupt mit solch einem neuen Bedienparadigma erreichen möchte. RIM hat dabei an Hand der bisherigen Nutzer ihrer Geräte bestimmte Eigenschaften entdeckt, welche die Anwender besonders ausmachen. Unter anderem sind dies die „hyper-connected“ Anwender, die zu jeder Zeit über alles möglichst schnell Bescheid wissen möchten. So kommt RIM zu dem Schluss, dass BlackBerry eben nicht für jeden ist und erklärt damit die neue Zielgruppe der „BlackBerry People“. Natürlich beschränkt man sich damit auf einen kleineren Kreis von Käufer, als Apple, die Hersteller von Android oder Windows Phone Geräten. Für RIM ist das genau die richtige Strategie, da der typische BlackBerry Nutzer eben nicht der iOS/Android Nutzer mit 100MB Datenoption, 300 „Klicki-Bunti-Apps“ und einem Mailverkehr von 10 geschriebenen Mails in der Woche ist. Dennoch kann man schon jetzt sagen, auch diesen Nutzer kann man mit BlackBerry 10 erreichen.

[Mobile Ansicht]

BlackBerry 10 ist für alle

BB10 wird zu Beginn nur auf einem Fulltouch-Gerät verfügbar sein. Das gab es noch nie bei dem Launch eines neuen Betriebssystems von RIM, zeigt aber, dass man erkannt hat, wie wichtig der Wechsel von dem bekannten Formfaktor zum Fulltouch ist. Ganz nebenbei ist es natürlich zuträglich, dass BB10, welches vom aktuellen PlayBook OS abstammt, bisher nur den Touchscreen als Eingabe kannte. Dennoch lässt man natürlich auch nicht diejenigen zurück, die auf eine Hardware-Tastatur schwören. Schon kurz nach dem Fulltouch BlackBerry 10 mit Codename „London“ wird ein Gerät in der Form des Bold 9900 erscheinen und diese Lücke schließen. Auf ein paar Einsteigergeräte werden wir dafür wohl noch eine Weile warten müssen, vor Q3 2013 erwarten wir kein Modell auf Basis von BB10 das dem eines Curve-Modells entsprechen würde.

[Mobile Ansicht]

BlackBerry: Nach wie vor ein angesehenes Brand

Es gab andere Hersteller, die in ähnliche Probleme wie RIM gerutscht sind. Denen ging es mit zunehmenden Absatzrückgang jedoch deutlich schlechter, als es RIM jetzt geht. Ein Grund dafür könnte die Nutzerbasis sein, auf die sich RIM verlässt. Es gibt immernoch genügend Nutzer, die jedes neue top-BlackBerry kaufen würden, wenn dies erscheint. Dabei kann sich RIM mit Sicherheit auch beim BBM bedanken, die viele Käufer noch immer davon abhält zur Konkurrenz zu wechseln. Die Marke BlackBerry transportiert einfach ein gewisses Image, mit denen sich die Käufer auch identifizieren können. So kann man keine „Nokia People“ identifizieren, die existieren nur als „Blackberry people“ bei RIM.

Die Pauschale der Datenoption muss weg

Seit einiger Zeit kommt RIM in der Presse gerade bei den Preis-/Leistungsvergleichen immer relativ schlecht weg. Ein Grund dafür ist eine laufende Servicepauschale, die man entrichten muss, wenn man die BlackBerry Services in vollem Umfang nutzen möchte. Die Konkurrenz verlangt solche Pauschalen nicht, kann allerdings auch keine echten Push-Dienste vorhalten und ist in der Geschwindigkeit auf den jeweiligen Netzanbieter beschränkt. Die größten Netzanbieter versuchen bereits seit längerem diese Kosten in den Laufzeitverträgen zu verstecken. Bis zu einer Grundgebühr von 30€ im Monat scheint das nun sehr gut zu funktionieren, darunter lässt es anscheinend nicht mehr deckend finanzieren, sodass potentielle BlackBerry-Kunden mitunter bis zu 5€ Gebühr für die Nutzung der BlackBerry Option bezahlen müssen. Über 2 Jahre sind das immerhin 120€, die man auch in ein anderes Gerät hätte investieren können, werden sich viele Käufer denken. Immerhin gibt es sogar schon annehmbare Prepaid-Tarife mit Einsteiger-Blackberrys in Deutschland, lange Zeit suchte man diese vergebens. Alles in allem ist man auch bei den Kosten für die Datenoption auf dem richtigen Weg, am besten für den Kunden wäre allerdings ein Entfall der Abgabe und würde auch im unteren Preissegment das BlackBerry wieder deutlich attraktiver machen. Wer dann wie die Kosten für die Option trägt, bleibt in der Hand der Finanzer bei RIM.

Geldprobleme, Verkauf und Zerschlagung von RIM?!

Immer wieder musste man Schlagzeilen wie „RIM droht die Übernahme“, „Wird das BlackBerry OS von Windows ersetzt?“ usw. lesen. Schlussendlich wollte noch Samsung, womöglich wollte sogar Toyota, die Deutsche Bahn und die Fleischfabrik Meiershausen RIM kaufen und QNX für die Systeme in der Produktion einsetzen. Einem wirklich genialen Jungen fielen auch immer wieder brandheiße Informationen in die Hände. Diese „reports“ sind natürlich alle aus „trusted sources“ von Mitarbeitern aus dem „top-management“.

Genau. So ist es. Nicht.

Leider wurde RIM immer weiter in die Spirale der negativen Berichterstattung gezogen. Natürlich hat insbesondere die Bilanz über das Q1 2012 für schlechte Stimmung gesorgt und die Übernahmegerüchte erst einmal so richtig angefeuert. Leider muss man mit diesen Berichten leben, solange RIM nicht im besten Falle den Marktanteil des iPhones überbieten kann. Um die schlechte Stimmung ein wenig zu entkräften macht es durchaus Sinn, die Zahlen der aktuellen Bilanz einmal ein wenig genauer zu analysieren.

Der Umsatz für das erste Quartal lag bei $2,8 Mrd, also 33% weniger als im letzten Quartal, und ca. 10% unter den Erwartungen welche bei $3,8 Mrd lagen. Diese Zahlen, man muss der Wahrheit ins Gesicht sehen, sehr hart!  Betrachtet man also die Gewinn- und Verlustrechnung, hat RIM das erste Mal seit acht Jahren Geld verloren(ca. $192 Mio.). Schaut man sich dagegen den Cash-Flow an sieht die ganze Sache wieder ein klein wenig positiver aus. Laut Bilanz lag dieser bei ungefähr $710 Mio., wovon $400 Mio. aus einer Reduktion von Betriebsmitteln resultieren und nicht wirklich gezählt werden können. Daraus resultieren übrige $300 Mio. zuzüglich der $250 Mio. pro Quartal, die RIM mit Hilfe eines Sparprogramms einsparen möchte.  Zählt man das alles zusammen kann RIM also wahrscheinlich einen weiteren Verlust von $500 Mio. abfedern ohne Geld verbrennen zu müssen. Nicht zuletzt liegen außerdem noch komfortable $2 Mrd. in der Bank. So wie wir das sehen, sind zwar erste Geldprobleme zu spüren, aber noch keinesfalls so deutlich, dass ein Verkauf kurz bevor steht. Also RIM: Sparprogramm einhalten, BlackBerry 10 fertig machen und Lets Rock’n’Roll this! (RIM Q1 Report)

PlayBook 4G im Dezember?

Schon seit längerem gab es Gerüchte um eine PlayBook 4G, auf der BBWC im Mai wurde dies offiziell vorgestellt. Seitdem hat sich der Erscheinungstermin bis auf Q4 (also vermutlich Dezember) 2012 verschoben. Schauen wir uns doch einmal die Spezifikationen des Geräts im Vergleich zum PlayBook Wifi an: 1,5GHz CPU, vermutlich schnellere GPU, ein 3G 42 Mbit Modul und NFC. Da stellt man sich die Frage, was in den 2 Jahren, die dieses Gerät zum PlayBook Wifi voraus hat, passiert ist. Anscheinend nicht viel könnte man meinen, doch wo ist AutoFocus 8MP Kamera mit guter Qualität, das 720p Display und ein dünneres Gehäuse? Allessamt keine schwierigen Themen, die man für dieses Gerät bringen könnte. Damit wäre es vermutlich teurer geworden, ein wenig mehr Neues erwartet man dann aber doch.

Reduktion des Gerätelineups notwendig

Mit der Einführung von BlackBerry 10 werden die OS7 Geräte natürlich weiterhin existieren. Nur die High-End Sparte rund um OS7 Bold und Torch läuft aus, die Curve OS7 Geräte wird man allerdings weiterhin erwerben können, bis diese auch von BB10 Geräten abgelöst werden. RIM tut sich dabei einen Gefallen, nicht erneut insgesamt 6 Formfaktoren für eine Plattform zu launchen. Mag man dem 9790 und 9900 noch eine gemeinsame Existenzberechtigung einräumen, konnte man dies beim Curve 9380 und Torch 9860 nicht nachvollziehen. Bis heute stellt sich uns die Frage, ob die Einnahmen aus dem Verkauf der 9380 überhaupt die Entwicklungs- und Produktionskosten decken konnten.

Und was passiert mit den Geschäftskunden?

Im Moment wird einfach alles in Richtung Consumer entwickelt, doch bleiben denn da nicht die Geschäftskunden auf der Strecke? Bedingt. Noch kann man z.B. ein PlayBook nicht so in den BlackBerry Enterprise Server (BES) einbinden, als wäre es ein BlackBerry OS7 Smartphone. Da das gesamte QNX-basierte System ein vollkommen anderes ist, muss auch beinahe der gesamte BES neu geschrieben werden. Aktuell gibt es keine genaueren Informationen darüber, wann ein neuer BES/Mobile Fusion erscheinen wird, der dann auch BlackBerry 10 unterstützen wird. An dieser Stelle muss man für RIM wirklich hoffen, dass ein neuer BES zum Start von BlackBerry auf den Weg gebracht wird. Denn so hätte man einige Consumer gewonnen, würde aber die letzten Geschäftskunden, für die der BES immer ein Argument für BlackBerry war, vollkommen verunsichern und in die Arme der Konkurrenz treiben. Möglicherweise ist auch das einer der Gründe, warum man sich entschieden hat, BlackBerry 10 auf das Q1 2013 zu verschieben.

tl;dr

Alles in allem befindet sich RIM also auf dem richtigen Weg, jetzt heißt es die Zähne zusammenbeißen und durchhalten bis BB10 erscheint. Wird BlackBerry 10 so umgesetzt, wie wir es bisher wahrnehmen, dann hat es das Potential RIM wieder dahin zu bringen, wo sie bereits 1999 nach der Einführung des ersten BlackBerry waren. Lets Rock’n’Roll this!