John Chen und alle Mitarbeiter bei BlackBerry haben in der vergangenen Zeit so einige Erfolge erzielt, die viele nicht mehr für möglich geglaubt hätten. Innerhalb kürzester Zeit war z.B. das BlackBerry Passport mehrfach ausverkauft. Auch wenn konservativ wenig Geräte hergestellt wurden, zeigt der Erfolg, dass viele Kunden genug vom Einheitsbrei aktueller Smartphones haben und echte Werkzeuge nutzen wollte. Das doch sehr ungewöhnliche Passport sorgte dann auch unter einigen Prominenten für Aufmerksamkeit und schlussendlich dafür, dass auch diese wieder offen darüber sprechen konnten, dass man BlackBerry-Nutzer ist.

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Hat man diesen Status erst einmal wieder erreicht, ist man mit großer Wahrscheinlichkeit die Verkaufs- und Zerschlagungsgerüchte los. Genau das hat John Chen auch in dieser Form in einem Interview bei Reuters bestätigt. Er sei sich sicher, dass das Unternehmen in dieser Form überleben werde. Sicher machen ihn dabei die deutlich gesunkenen laufenden Ausgaben und die Tatsache, dass man sowohl die Zulieferer, den Gerätebestand und den cash-flow unter Kontrolle hat.

[…] now we have to start looking at growth.

Chen muss es wissen. Der charismatische CEO hat schon bei Sybase in 60 hintereinander folgenden Quartalen mit Gewinn bewiesen, dass er ein Unternehmen dauerhaft profitabel halten kann. Das hat er auch mit BlackBerry vor.

Once we turn this company to profitability again, I will do everything I can to never lose money ever again.

Auf dem Weg dahin sieht Chen den Businesskunden und Behörden als Kunden im Vordergrund. Im Interview mit Bloomberg schließt er jedoch auch Aktivitäten im Consumer-Bereich nicht kategorisch aus. Wichtig für ihn ist, dass erst einmal der turnaround funktioniert, dann könne man weiterschauen. Genau deshalb ist das Unternehmen auch so fokussiert unterwegs und will erst einmal weg von Anbieter für alle Kundensegmente.

I think one thing that got the company in trouble is we’re doing software, hardware, enterprise, consumers, applications, games and all that. I think it’s just too broad.

Interessant zu sehen ist, dass Chen auch weiterhin den chinesischen Markt evaluiert. Wir sollten uns nicht wundern, wenn er eher früher als später eine weitere strategische Partnerschaft verkündet, die über das hinaus geht, was wir von Foxconn kennen gelernt haben. Die Lizenzierung des BlackBerry OS war bereits zu Heins Zeiten im Gespräch und möglicherweise wird es darauf hinauslaufen, dass ein chinesischer Hersteller Smartphones mit BlackBerry 10 verkauft. Chen hat sich im Rahmen des APEC-Gipfels wohl auch dazu mit den Führungskräften von Xiaomi und Lenovo getroffen. Beide Hersteller haben eine erhebliche Marktposition in China, Xiaomi ist Marktführer.

Der BBM auf dem Weg zur eierlegenden Wollmilchsau, die Gewinn macht

John Chen hat den BBM mit dem Ziel belegt, selbstständig Geld zu verdienen. Deshalb wird dieser seit Monaten um Features erweitert. Aktuell steht er unter dem Stern selbst die Kontrolle über Nachrichten zu behalten. Mit Nachrichten zurückziehen und Nachrichten, die nur für eine bestimmte Zeit sichtbar sind, soll ein Schritt dahin getan werden. Natürlich ist es das Ziel, mit diesen Features auch Geld zu verdienen. Deshalb sind z.B. die zeitlich begrenzten Nachrichten zunächst nur für drei Monate kostenlos, danach muss man wohl in einigen Regionen eine Art BBM-Abo abschließen, um weiterhin die vollen Vorzüge des BBM nutzen zu können. Genaueres kennt man dazu von BlackBerry noch nicht, sicherlich möchte man auch erst einmal schauen, wie die neuen Features angenommen werden. Um die neuen Inhalte zu pushen, hat BlackBerry ein nettes Promovideo produziert:

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Mit knapp 100 Millionen Nutzern steht man dennoch noch weit hinter den wirklichen Riesen in diesem Geschäft. Der Anteil der Nutzer verteilt sich auf verschiedene Regionen zusätzlich recht unterschiedlich, wodurch eine gewisse Diskrepanz beim Nutzen zusätzlicher Features besteht. Sind bei uns die Sticker zwar nett anzusehen jedoch wenig genutzt, brennen Asiaten darauf, die neuesten Pakete zu installieren und auch dafür Geld auszugeben. So versucht der BBM für alle da zu sein. Solange es dabei kostenlos bleibt und nur über Sticker o.ä. Geld verdient wird, kann man mit neuen Features auch Geld verdienen. Schwierig wird es spätestens dann, wenn für diese Features eine Art-Abo notwendig ist, dass über 89cent im Jahr kostet. Die Wahrscheinlichkeit ist gegeben, dass dann potentielle Nutzer davon abgehalten werden, auf den BBM zu wechseln.  Chen und seine Führungsmannschaft müssen hier gutes Feingefühl beweisen, um dem Markt gerecht zu werden.

Quellen: Reuters.com, bloomberg.com